Osman Engin, Meister der politisch unkorrekten Satire und liebevoller Spötter, lässt in seinem neuen Roman den gleichnamigen Helden in einem zwerchfell-erschütternden Beziehungsdrama auftreten.

„Bei Engin bekommen alle ihr Fett weg und den Spiegel vorgehalten.
Boshaft, kritisch, ironisch und witzig.“
Ramesch.

dtv Mai 2004



Leseprobe








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Exposé

Ein satirischer Beziehungsroman von Osman Engin

“Osman, wir lieben uns einfach nicht mehr!”
“Bist du verrückt geworden, Frau, wir lieben uns schon seit 20 Jahren nicht”...
Osman Engin versteht die Welt nicht mehr. Sein ihm seit einem Vierteljahrhundert angetrautes Eheweib Eminanim macht Zicken: Als er eines Tages müde von der Frühschicht in Halle 4 nach Hause kommt, stehen seine Koffer vor der Tür. Da hilft kein Machogehabe, kein Betteln und keine flehentliche Selbsterniedrigung vor den Ohren der verstohlen lauschenden Nachbarn: Weder Eminanim noch eines von Osmans Kindern Mehmet, Hatice oder Recep haben die Absicht, das Familienoberhaupt auf seinen angestammten Platz vor dem Fernseher zurückkehren zu lassen und die gutbürgerliche Idylle des preußisch geprägten Haushalts wiederherzustellen.
Als sich Osman darüber klar wird, dass er sich weder bei "Versteckte Kamera" noch bei "Verstehen Sie Spaß" befindet und sein Feierabendbierchen in unüberwindliche Ferne zu entschwinden droht, ist guter Rat teuer. Warum tut sie das auf einmal? Was hat er nicht getan, was er nicht schon immer nicht getan hat? Dass er ihr nicht zuhört, ist doch nicht neu, außerdem soll sie ja auch nicht quatschen, wenn gerade Fußball läuft. Blumen schenken auch nur Leute mit einem schlechten Gewissen, und Liebe zwischen Ehepartnern gibt es sowieso bloß in Arztromanen. Und die Kinder muß sie unverschämterweise auch bestochen haben, wieso brabbelt sein nichtsnutziger kommunistischer Sohn Mehmet, der fünf Freundinnen gleichzeitig hat, sonst etwas von Tyrannei und Ausnutzung der Frauen?
Auch den gutgemeinten Ratschlägen der treuen Freunde in Osmans Stammkneipe ist kein Erfolg beschieden: Weder der auf dem Friedhof geklaute Blumengruß findet Gnade in Eminanims Augen, noch das mitleiderregende Sit-In auf dem kalten Bürgersteig gegenüber der nicht mehr ganz so heimatlichen Wohnung im Karnickelweg 7b kann den Stolz der zweitgrößten Nervensäge... äh, der schönsten Blüte des Mittleren Orients brechen. Aber etwas anderes ist wohl von den Tipps eines schwulen Kneipenwirts samt seiner debilen Stammgäste auch nicht zu erwarten...
Da Osman sich als zu dämlich erweist, außer der Ausnüchterungszelle auf dem Polizeirevier eine neue Bleibe zu finden, zieht Eminanim mit den beiden kleinen Kindern Hatice und Zeynep aus. Zurück bleiben Osman und Mehmet, und schnell stellt sich auch ein dritter Mitbewohner ein: René, seines Zeichens hochgradig schwul und hinauskomplementierter Lover des Kneipenwirts Herbert, vervollständigt die "Männerwirtschaft" im Kanickelweg 7 b. Ein passables Arrangement, wie es zunächst scheint, das ganz neue Perspektiven eröffnet...
Nach der ersten Fassungslosigkeit ob der unglaublichen Insubordination der Ehefrau folgt eine gewisse Traurigkeit ob der verlorenen Leichtigkeit des Pascha-Seins und dann Trotz: Soll Eminanim doch bleiben, wo der Mohn blüht, die scharfe Nachbarin Antoinette-Annkathrin bringt seine Männlichkeit eh mehr in Wallung als das seit 25 Jahren bekannte Schlachtroß, und wer braucht schon eine Haushaltshilfe, wenn man einen schwulen Mitbewohner hat?
--Doch leider geht die Eroberung der schicken Französin nicht so glatt von der Hand wie erwartet, und die Putzschwuchtel entpuppt sich als pingeliger und zickiger als Eminanim es jemals hätte sein können. Der nichtnutzige Mehmet mit seinem Callgirl-Ring von Freundinnen trägt auch nichts zur häuslichen Idylle bei, und langsam beginnt Osman zu dämmern, was er eigentlich verloren hat... Apropos verloren - wo ist Eminanim eigentlich, und was macht sie ohne so ein gestandenes Mannsbild wie ihn? Und wo ist der Lottoschein geblieben, der mit dem eventuellen Millionengewinn wenigstens materielle Kompensation für die Seelenqualen verheißt? Osman beschließt, nicht nur dem Verschwinden des Lotto-Sechsers auf die Spur zu kommen, sondern auch das Rätsel der verlorenen Ehefrau zu lösen. Nicht offensichtlich natürlich, sondern undercover, damit niemand auf die Idee kommt, er würde sie vermissen.
Eminanim ihrerseits fehlt nicht allzuviel. Sie wird selbstbewußter, fühlt sich freier und genießt die Zeit ohne Osman und die schrecklich nette Familie. Was gibt es auch an einem Mann zu vermissen, der seine Frau lediglich als Haushälterin betrachtet, sie nicht respektiert, geschweige denn so etwas wie Konversation mit ihr betreibt, die über die Bestellung von Tee, Bier oder Bohnensuppe hinausgeht? Nein, das Leben kann so schön sein, an der Seite des richtigen Mannes. Eminanim hat sich ein für allemal entschlossen: Sie will die Scheidung und dann Brad Pitt heiraten!
Osman, der gerade beginnt, sich auf die Qualitäten der Verflossenen zu besinnen, versucht verzweifelt, über die Kinder Kontakt zu Eminanim aufzunehmen. Doch richtig erfolgreich sind auch diese Versuche nicht. Dabei wird sein Zustand immer desolater, und es geht ihm mittlerweile richtig schlecht: Selbst die alte Socke seiner Noch-Ehefrau, ihr verfilzter Lockenwickler und sogar die Always-Ultra-Familienpackung rührt ihn zu Tränen.
Kurz und gut, Osman muß sich etwas wirklich Gewagtes einfallen lassen, um Eminanim zurückzuerobern.
Den Anfeindungen Eminanims Freundinnen und der gnadenlosen Therapeuten Frau Dr. Dr. Freudlos Nietzschekenner ausgeliefert, den Macho-Sprüchen seines Arbeitskollegen Hans kaum gewachsen, dem Liebeskummer seiner Mitbewohnerin René ausgesetzt, schwankt Osman zwischen Wahnsinn und Verzweiflung. So ist sein Auftritt als Marlene Dietrich bei einer Benefiz-Gala für schwule inhaftierte Ägypter – als Ersatz für René, dem er versehentlich beide Beine gebrochen hat – die Krönung seiner desolaten Lage. Aber auf wundersame Weise erhebt er sich wie ein Transvestiten-Phönix aus der Asche und alles wird – wie früher?!

Zum Titel




Als ich nach der Frühschicht nach Hause komme, stehen unsere drei Reisekoffer vor der Tür.
“Frau, was ist denn hier los?” frage ich irritiert und völlig überrascht, “fahren wir etwa in den Urlaub, oder hat man uns die Wohnung gekündigt?”
“Keins von beiden”, zischt meine Frau kühler als die Jahreszeit, “es ist nur so, dass du ausziehst!”
“Wie bitte? Ich soll mich ausziehen? Hier, mitten im Treppenhaus? Was sollen denn die Nachbarn sagen?” Die hat vielleicht Fantasien!
“Osman, du wohnst jetzt nicht mehr in dieser Wohnung!”
“Was soll das denn? Du kannst doch nicht einfach unsere Wohnung kündigen. Eine derart billige Wohnung finden wir nicht mal in Ost-Äthiopien! Oder haben wir etwa im Lotto gewonnen?”
“Osman, hör mal zu: Wir ziehen nicht aus! Du ziehst aus!”
“Ach, nein, ich habe es mir doch anders überlegt. Ich denke, ich will gar nicht ausziehen. Von mir aus kannst du die Koffer wieder reinholen.”
“Nein, Osman, die Koffer bleiben draußen! Du auch! Ich hab´s jetzt endgültig beschlossen: Du musst aus der Wohnung raus! Ich habe festgestellt, dass unsere Ehe gescheitert ist! Wir verstehen uns nicht mehr!”
“Wieso soll ich ausziehen, wenn du mich nicht verstehst?” fluche ich und trete wütend mit dem rechten Außenrist gegen den kleinen Reisekoffer.
“Du hast nicht zugehört! Ich habe gesagt, wir verstehen uns nicht mehr. Eigentlich ist es auch logisch, weil wir nie miteinander reden!”
“Wir haben uns doch noch nie verstanden! Habe ich dir das jemals zum Vorwurf gemacht?! Was ist denn passiert? Wieso soll ich ausgerechnet jetzt ausziehen?”
“Osman, wir lieben uns einfach nicht mehr!”
“Aber warum soll ich deswegen ausgerechnet heute ausziehen?”
“Weil mir heute endgültig klar geworden ist, dass das mit uns einfach nicht besser wird! Unsere Ehe funktioniert überhaupt nicht! So stelle ich mir keine normale Ehe vor!”
“Aber Eminanim, mein Engel, wir führen die normalste Ehe der Welt. Wenn ich wüßte, dass es auf anderen Welten Menschen gibt, dann würde ich sagen, unsere Ehe ist die perfekteste und die normalste im ganzen Universum! Zeige mir bitte irgendeine Ehe, in der sich die Ehepartner wirklich lieben, geschweige denn verstehen! Das gibt´s doch nur in Arztromanen oder Filmen. Und das auch nur in der letzten Szene, falls beide überleben sollten.”
“Osman, wenn du noch mehr Märchen erzählen willst, dann geh doch in die Politik. Ich habe einfach keine Lust mehr, so dahinzuleben ohne Sinn und Verstand. Aber ich rede mal wieder gegen die Wand. Du weißt sicherlich nicht mal, was der Sinn des Lebens ist”, sagt Eminanim und knallt mir die Tür vor der Nase zu. Im gleichen Moment gehen auch alle anderen Türen im Treppenhaus zu. Morgen weiß es die ganze Straße, übermorgen die ganze Stadt.
Ich überlege krampfhaft, was ich heute morgen Falsches gesagt habe. Oder welchen Fehler habe ich gemacht? Was habe ich gestern angestellt? Nichts! Ich habe nicht mal ein Wort mit Eminanim gesprochen! Andersrum, was habe ich nicht getan, was ich schon immer nicht getan habe?
Ich stehe mit meinen Koffern mitten im Flur. So, als hätte ich den letzten Zug in irgendeinem gottverlassenen Provinzbahnhof verpaßt. Ich habe nicht mal eigene Schlüssel, um die Wohnungstür aufzuschließen. Ich hatte es nie nötig, Schlüssel mit mir rumzuschleppen. Irgendjemand, beziehungsweise meine Frau, war ja schließlich immer zu Hause.
Ich klingele Sturm an der Tür. Mehmet, dieser versoffene ewige Student, macht mit zersausten Haaren auf:
“Wir kaufen nichts”, ruft er und schlägt seinem Vater die Tür vor der Nase wieder zu. Das unangenehme an der Situation ist: Ich bin leider sein Vater! Ich nehme es jedenfalls an, falls man fünf unabhängigen Bluttests glauben darf. Ist ja klar, dass er auf ihrer Seite ist. Seit Jahren nörgelt der Schmarotzer an mir rum, dass ich meine Frau zu sehr einschränke und tyrannisiere. Der Kerl hat gut reden. Ich habe doch nur die eine! Wenn ich so wie er, jede Woche mit fünf verschiedenen Frauen beschäftigt wäre, dann wäre mir Eminanim auch egal.
Ich klingele nochmal. Hoffentlicht macht Hatice auf, sie ist meine einzige Hoffnung. Meine kleine Tochter hält bestimmt zu mir. Wenn man sie nicht mit einem Überraschungsei bestochen hat. Ich klingele nochmal. Tatsächlich macht Hatice die Tür auf:
“Ich darf nicht mit Fremden reden, Pa! Außer du gibst mir gleich zwei Ü-Eier”, und schlägt die Tür wieder zu.
Man hat sie doch bestochen! Langsam aber sicher steigt mir das Blut in den Kopf. Ich trommele wie ein Irrer an die Wohnungstür. Die Nachbarn sind mir inzwischen völlig egal, sie wissen ohnehin schon alles.
“Hörst du, Frau, mach jetzt endlich die Tür auf! Ich habe keine Lust auf diese dummen Spielchen. Ich habe dir überhaupt nichts getan, was soll denn dieser Zirkus? Noch heute morgen bin ich ganz normal wie immer unausgeschlafen zur Arbeit gegangen. Und jetzt komme ich ganz normal totmüde nach Hause! Außerdem habe ich Hunger, und ich Muss dringend aufs Klo! Eminanim, Eminaaaniiimm, hörst du mich?!” Mach auf, du Zicke!
Statt meiner Frau höre ich plötzlich Oma Fischkopf von oben durch das Treppenhaus rufen:
“Geben Sie doch endlich Ruhe, Herr Engin! Lassen Sie die arme Frau zufrieden! Wie soll ich bei dem Lärm denn meinen Mittagsschlaf halten? Was glauben Sie eigentlich, warum ich mir das mit den Ehemännern erspart habe? Um genau sowas zu vermeiden! Lieber bin ich mit 92 Jahren noch Jungfrau; genau wie mein Sternzeichen!”
“Jetzt mach endlich die Tür auf, Frau!” trete ich weiter gegen die Tür. “Oder ich sorge dafür, dass Oma Fischkopf ein anderes Sternzeichen bekommt!”
“Machen Sie sich keine Sorgen, Frau Fischkopf”, höre ich meine Frau durch die Tür rufen, “der Typ blufft nur! Ich kenne diesen großmäuligen Eunuchen leider zu gut!”
Aber Frau Fischkopf geht offensichtlich kein Risiko ein. Ich höre das Rasseln ihre Schlösser. Ich bin mir aber nicht sicher, ob sie auf- oder zugeschlossen hat.
“Das kann doch alles gar nicht wahr sein”, fluche ich und trete gegen den Türrahmen.
So eine absurde Situation. Ich fühle mich wie in einem sehr schlechtem Film! Wie in einer saublöden Fernsehserie! Fernsehen? Film? O Gott, die drehen hier bestimmt “Versteckte Kamera“! Alle haben sich verabredet, nur um mich zu ärgern und lächerlich zu machen. Mit der rechten Hand ordne ich alle meine drei Haare. Leider weiß ich nicht, wo die Kameras versteckt sind. Deswegen lächle ich in alle Richtungen und zeige meine Prothese allen Fernsehzuschauern; Zahnprothese natürlich!
Gut gelaunt tanze ich im Treppenhaus herum.
“Eminanim, mein Engel, natürlich hast du das Recht, dich von mir zu trennen! Wie sich heutzutage jede Frau jederzeit von ihren Ehemann trennen kann. Liberal und demokratisch wie ich eingestellt bin, habe ich vor nichts mehr Respekt, als vor der durchdachten Entscheidung einer klugen Frau. Ich hoffe von ganzem Herzen, dass alle Männer da draußen an den Fernsehschirmen, äh, dass alle Männer, anstatt die ganze Zeit vorm Fernseher zu hocken, den Frauen in ihrem Leben mehr Respekt zollen sollten! Eigentlich sollte die gesamte Männerwelt voller Demut und Ehrfurcht vor den Frauen im Staub liegen und der lieben Göttin danken, dass sie eine so wundervolle Krone der Schöpfung geschaffen hat!”
Dabei beuge ich mich 15 Grad nach vorne und senke meinen Kopf leicht nach links, wie es mein Lieblingsschauspieler Arnold es immer macht.
“Meine verehrte Gattin Eminanim, hochverehrte Nachbarin, Frau Fischkopf, ich habe euch ganz schrecklich lieb!” rufe ich danach mit der säuselnsten Stimme, die ich in dieser Situation herausbekomme.
“Dass Sie es mit 92 Jahren geschafft haben, immer noch Jungfrau zu sein, bedeutet doch nicht, dass kein Mann Lust hatte, Sie auch nur mit der Kneifzange anzufassen, sondern, dass die dummen Männer unserer Zeit noch nicht imstande sind, die wirklich wahren Werte der Frauen zu erkennen!”
“Machen Sie sich keine falschen Hoffnungen, Herr Engin. Ich bin kein leichtes Mädchen! Außerdem sind Sie überhaupt nicht mein Typ!”
“Lassen Sie sich noch etwas Zeit bei der Partnersuche, Frau Fischkopf. Sie sind ja noch nicht mal Hundert! Eminanim, mein Engel, du hast mir mein Herz gebrochen! Aber ein Mann Muss wissen, wann er zu gehen hat!” rufe ich mit einem fernsehgerechten Grinsen auf dem Gesicht und schubse lässig die Koffer die Treppen herunter. Wo haben sie bloß die verdammten Fernsehkameras versteckt?
Elegant springe ich auf das Treppengeländer und rutsche meinen Koffern hinterher.
Unten hüpfe ich über den Kofferberg und pralle frontal mit Opa Prizibilsky zusammen, der im Erdgeschoß wohnt.
“Auaa! Wo sind meine Zähne? Was haben Sie mit meinem Gebiß gemacht, Herr Engin?! Sind Sie verrückt geworden?”, lispelt er.
“Herr Prizibilsky, heute Abend bin ich im Fernsehen zu sehen!”
“Was zeigen sie denn? Wie man Rentnern das Gebiß aus dem Mund schlägt und sich nicht mal entschuldigt?!”
“Nein, ich bin in der Sendung `Versteckte Kamera´! Sie wissen doch, wo man Prominente überrascht und auf den Arm nimmt.”
“Seit wann ist denn ein einfacher Schweißer aus Halle 4 prominent? Oder ist das jetzt schon was besonderes, dass jemand wie Sie überhaupt eine Arbeit hat?!”
“Prominenz hat doch nichts mit dem Job zu tun. Das ist wie mit der Intelligenz. Damit wird man geboren. Entweder man ist es, oder man ist es nicht.”
“Genau! Warum hat man Sie dann gefilmt?! Aber das ist mir auch egal. Schauen Sie sich an, was Sie gemacht haben, Sie Rüpel! Das Gebiß war so gut wie neu! Ich hoffe, Sie sind gut versichert.”
Ich überspringe seine letzte Bemerkung wie kurz zuvor meine Koffer, betrachte sie als untrügliches Zeichen beginnenden Alzheimers und laufe aus der Tür. Wer weiß, vielleicht ist diese Krankheit ja in Wirklichkeit doch ansteckend.
Vor dem Haus laufe ich direkt in die Arme meines verrückten Lieblingsnachbarn Ottokar, der in Wirklichkeit ein Außerirdischer ist.
“Osman, ich habe dich gestern im Fernsehen gesehen”, ruft er. Dieser Ottokar ist wirklich der Einzige, der was im Fernseher sehen kann, noch bevor es gesendet wird.
“Haben mich die Außerirdischen etwa schon wieder entführt?” heuchle ich Interesse.
“Nein, mit dir konnten sie nichts anfangen. Aber ich kenne jetzt den Sinn des Lebens, Osman. Und was hinter dem Universum ist.”
“Ich bin wirklich gespannt, Ottokar. Aber das mit dem Sinn des Lebens erzähl bitte lieber meiner Frau. Und Tschüss!”
Wieder einmal bewundere ich mich selbst! Das ist wirklich eine bemerkenswerte Leistung, inmitten von derart vielen durchgedrehten Psychopathen noch normal zu bleiben. Wie schnell ich doch vorhin die Falle mit der versteckten Kamera durchschaut habe! Mir fallen einfach keine anderen Worte ein: Ich bin ein Genie!
Wie ein aufgescheuchter Truthahn laufe ich den Karnickelweg rauf und runter, um eine freie Telefonzelle zu finden. Kann mir jemand sagen, warum ein so berühmter Fernsehstar wie ich kein Händi hat?! Mein eigener Sohn Mehmet hat bestimmt drei Stück davon. Obwohl sich kein erwachsener Mensch für ihn interessiert. Höchstens eine Hundertschaft halbwüchsiger Mädchen.
Endlich finde ich eine leere Telefonzelle, in der sich kein knutschendes Pärchen oder saufende Penner eingenistet haben, und rufe bei mir Zuhause an. Besser gesagt, ich hätte gerne angerufen, wenn ich meine eigene Nummer wüsste.
“Hey, weißt du meine Telefonnummer”, frage ich den Nachbarsjungen, der gerade vorbeiläuft.
“Bin ich hier die Auskunft?”, fragt der respektlose Bengel.
“Willst du paar hinter die Ohren?” frage ich zurück.
“Wo wohnst du denn, Chef?”, fragt mich der Vierkäsehoch, schon respektvoller.
“Da wo auch Hatice wohnt!”
“Ach so“, sagt er und tippt meine Nummer ein. “Aber passen Sie auf”, warnt er mich dann, “wenn der Alte von Hatice dran geht, am besten sofort auflegen. Der ist nämlich nicht ganz dicht in der Birne, müssen Sie wissen.”
“Du, unverschämter Lümmel, ab sofort hast du Anrufverbot bei uns”, tobe ich.
“Ich weiß”, ruft er ganz lässig von der anderen Straßenseite, “deswegen lasse ich ja immer meine kleine Schwester dort anrufen.”
“Wird man eigentlich bestraft, wenn man einen solchen Frechdachs spontan erwürgt?”
“Wen willst du jetzt schon wieder erwürgen?”, höre ich Eminanims Stimme durchs Telefon.
“Ach, nichts, das war nur ein Selbstgespräch. Eminanim, sag mir lieber, ob die alle noch da sind?”
“Was denn, deine Koffer?”
“Nein, die Fernseh…”
“Den Fernseher kannst du haben. Ich kann euch beide doch nicht trennen.”
“Ich meine die Kamera...”
“Die kannst du von mir aus auch haben. Und den Videorekorder dazu. Dieser eine blöde Urlaubsfilm, auf dem du mit eingezogener Bauch junge Frauen am Strand anstarrst, kannst du dir in Zukunft alleine angucken!”
“O Gott, Frau, du bringst alles durcheinander. Ich will doch nur wissen, ob die Leute vom Fernsehsender noch da sind? Du, du..” du bist so hohl!
“Was erzählst du da schon wieder für ein Quatsch, Osman? Kein Mensch war hier in der Wohnung. Oder denkst du etwa, dass unsere Trennung interessant genug ist für Paparazzi?”
“Was soll das heißen, kein Mensch war da? Wo sind die Leute von `Versteckte Kamera´? Warum standen all diese Koffer im Treppenhaus?”
“Das sind deine Koffer. Die sollst du nehmen und endlich verschwinden.”
“Weib, willst du mich verarschen?!”
“Osman, ich habe dir tausendmal gesagt, dass ich mich scheiden lasse, wenn es so weitergeht.”
“Und warum, bitteschön, weiß ich nichts davon?!”
“Weil du nie zuhörst, wenn ich mit dir rede!”
“Das habe ich gerade nicht verstanden. Was hast du gesagt?”
“Weil du mir nie zuhörst, du taube Nuss! Weil du dich nie für meine Probleme interessierst, weil dir alles egal ist, was ich sage.”
“Aber das stimmt doch gar nicht, Liebling. Und du solltest doch inzwischen wissen, dass du mir nichts Wichtiges erzählen sollst, wenn Fußball im Fernsehen läuft.”
“In unserem Fernsehapparat läuft aber nur Fußball! Ich hasse diesen Fernsehapparat noch mehr als dich! Fußball, Fußball, Fußball.”
“Gut, dass du mich daran erinnerst, Eminanim. Schau doch mal eben im Apparat nach, wie es im Pokalspiel Werder gegen Bayern steht. Schade, dass ich die erste Halbzeit verpaßt habe. Zieht den Bayern die Lederhosen aus, die Lederhosen aus! Wir ziehen den Bayern die Lederhosen aus!”
“Erst mal ziehst du hier aus, Osman! Was du danach machst, und wessen Hosen du dann ausziehst, das interessiert mich nicht! Aber das ist ja mal wieder typisch für dich, dass du an nichts anderes denkst, als fremden Weibern die Kleider vom Leib zu reißen.”
“Meine Telefonkarte ist gleich leer, Eminanim. Das kannst du mir alles gleich erzählen, wenn ich nach Hause komme.”
“Du brauchst dich gar nicht zu bemühen, Osman, ich mach die Tür sowieso nicht auf!”
“Schon gut, schon gut, sag mir lieber, wie es dem Spiel geht?”
“Du Vollidiot!”
“Ich meine natürlich, wie geht es unseren Kindern? Spielen die auch schön?”
“Tuut, tuut, tuut, tuut...”
Das gibt´s doch gar nicht! Die Frau Muss völlig verrückt sein! Extra wegen des Spiels habe ich heute auf der Arbeit eine Stunde früher Feierabend gemacht, und jetzt dieser Schwachsinn!
Ich habe immer gedacht, sie mag diese Sportart. Denn nach ein paar Stunden kommt sie immer aus der Küche, setzt sich zu mir aufs Sofa und strickt. Und ich genehmige mir dabei ein kleines Bierchen; oder auch zwei. Oder auch ein paar mehr! Zum Wohl!
Das ist die Rettung! Ich gehe ins `Zum Wohl´. Das ist die Kneipe unten an der Hauptstraße. Da schaue ich mir wenigstens die zweite Halbzeit an.
Laut brüllend betrete ich die Hütte:
“Olè, olè, olè! Wir ziehen den Bayern die Lederhosen aus; die Lederhosen aus! Wir ziehen den Bayern das Fell über die Ohren; das Fell über die Ohren! Zickezacke, Zickezacke, Heu, Heu, Heu!!”
“Osman, halts Maul! Wenn du wieder Randale machts, fliegst du sofort raus!”, brüllt Herbert, der hässliche Wirt dieser schönen Kneipe.
“Hörbi, du bist ja schlimmer als meine Alte!” Sie ist wenigstens nicht schwul!
“Da täuschst du dich, Osman, ich bin schlimmer! Ich laß dich nicht mal in mein Bett; jedenfalls nicht mit diesem dicken Bauch!”
Wie sagt der Volksmund so schön: Wer nichts wird, wird Herbert; oder so ähnlich.
“Laß stecken, Hörbi. Ich verzichte freiwillig.” Bei deiner Visage!
“Auf was? Auf mich, oder auf deine Frau?“”
“Auf euch beide! Hörbi, ich bin stinksauer, meine Alte hat mich gerade vor die Tür gesetzt! Sei froh, dass du mit deinem René nicht verheiratet bist! Ich habe geklingelt, ich habe angerufen, die blöde Kuh macht einfach die Tür nicht auf!”
“Osman, da gibts einen Trick, der sich oft bewährt hat: Du setzt dich gegenüber deiner Wohnung einfach auf den Bürgersteig, und guckst immer mitleiderregend und treudoof wie ein Straßenköter zum Fenster. Irgendwann ist das Ganze deiner Frau zu peinlich vor all den Leuten, und sie läßt dich wieder rein.”
“Ich setzt mich doch nicht auf den Bürgersteig! Ich bin doch kein Bettler!”
“Wie kann denn ein Typ allein so blöd sein?”, heulen alle Kerle in der Kneipe -inklusive Hörbi- laut auf. Und schlagen ihre Köpfe vor lauter Mitgefühl rhythmisch auf die Thekenplatte.
“Vielen Dank für Eure Anteilnahme, Jungs”, sage ich gerührt, “aber ihr tut mir Unrecht. Mich trifft keine Schuld. Ich habe keine Ahnung, warum sie mich nicht reinlassen will.”
“So ein Jammerlappen! Das gibt`s doch gar nicht!”, schimpfen sie mit mir.
“Kollegen, ich weiß, ihr meint es gut mit mir. Aber glaubt mir, ich habe mir nichts vorzuwerfen. Ich bin ein absolut normaler Ehemann. Wie ihr alle hier, inklusive Hörbi!”
“So ein Versager! Wie kann man aus zwei Meter Entfernung das riesige Tor nicht treffen?!”, fluchen sie weiter wie im Chor. “Mein Gott, der haut das Ding voll daneben! Will er die Zuschauer erschießen?!”
Da merke ich enttäuscht, dass ich die ganze Zeit mit den Bierflaschen gesprochen habe. Und Bierflaschen antworten einem ausgesprochen selten.
Widerwillig schaue ich mir die Zeitlupe der Torchance an.
“Den Ball hätte ich auch mit dem Hintern reingehauen”, rufe ich stolz in die Runde.
“Osman, mit deinem dicken Hintern schaffst du ein Dutzend Bälle gleichzeitig”, lacht Herbert hinterhältig.
“Hörbi, laß mich in Ruhe. Ich bin nicht in der Stimmung für deine blöden Schwulenwitze.”
“Ich weiß gar nicht was du hast, Osman. Ich habe dir doch nur recht gegeben, dass dein Hintern für einiges zu gebrauchen ist.”
“Ich habe ganz genau verstanden, wie du das gemeint hast. Du hast ja nichts anderes im Kopf! Aber was kann man schon von einem Kerl erwarten, der sich Fußball nur wegen der kurzen Hosen der Spieler anschaut!”
“Reg` dich wieder ab, Osman. Du bist doch nur sauer, weil deine Alte Zicken macht. Was ist denn schon dabei?”
“Du hast gut reden, Hörbi. Von dir hat sich ja auch nie eine Frau getrennt.”
“Osman, sei doch froh, dass du sie endlich los bist. Ich sag´s dir immer wieder: Keine Frau könnte dich je so glücklich machen wie ich!”
“Herbert, mach mich glücklich: Halts Maul und bring mir ein Bier!”
“Osman, denkst du etwa, nur deine Ehe ist unglücklich? Überall gibt es Spannungen und Probleme. Was glaubst du wohl, warum die ganzen Männer hier den ganzen Tag saufen?”
Ich Muss scharf nachdenken. Wen hasse ich mehr? Die Bayern, Hörbi, oder meine Frau?!
Und ich entdecke, dass ich den Idioten rechts neben mir am meisten hasse! Im Moment jedenfalls. Wie kann denn ein Mensch nach jedem Schluck Bier so laut rülpsen? Der Kerl ist eine einzige Rülpsmaschine. Seine Mundgeruch haut mich fast vom Barhocker. Mir flattern die Hosen bei diesem Rülpsorkan. Ein wahrer Rülps-Elnino. Ich halte mir die Nase zu und setze mich demonstrativ zwei Stühle weiter.
“Wenn Werder jedesmal ein Tor schießen würde, wenn du rülpst, dann wären sie Weltmeister!”, rufe ich gehässig, um dem Banausen die Schamröte ins Gesicht zu treiben.
“Vielleicht hast du recht”, lacht der Kerl mit der Alkiröte auf der Nasenspitze. “Das sollte man mal ausprobieren”, und rülpst wie ein Walroß. Gleich drauf schießt Werder ein Tor.
“Das war eine tolle Idee, Osman. Es hat funktioniert. Das ist doch unglaublich!”, jubelt er mit zwei Bierflaschen in den Händen. Diese unerfreuliche Zwischenfall hat zur Folge, dass Sekunden später der ganze Laden wie ein Elefantenherde mit Verdauungsstörungen rülpst.
“Werder vor: Öööööööögghh! Noch ein Tor: Wüüüüüürrgghh!!“
Ich verkrieche mich in die finsterste Ecke der Kneipe. Ich Muss feststellen, dass mich das Fußballspiel überhaupt nicht interessiert. Meine Gedanken kreisen nur noch um das komische Verhalten meiner Frau, wie die Motte um das triste Licht der gelben Glühbirne an der versifften Kneipendecke. Ich kann einfach nicht glauben, dass sie das alles Ernst gemeint hat.
Ich hab´s! Das war ein April-Scherz! Wir haben zwar erst März, aber woher soll Eminanim das wissen?! Vielleicht denkt sie ja, dass heute der erste April ist. Gibt´s eigentlich auch März-Scherze? Oder ist heute unser Hochzeitstag? Wenn ich es mir recht überlege, war unsere Hochzeit ein einziger April-Scherz.
Die Rülpserhorde jubelt erneut! In meinem Wahn habe ich schlafende Hunde geweckt. Jetzt haben die Halbaffen auch einen Grund für ihr miserables Benehmen.
“Hörbi, sorgt doch mal dafür, dass sie nicht so häßliche Geräusche von sich geben, wie eine Wildsau mit Sodbrennen!”
“Osman, du mußt ganz ruhig sein. Von dir hört man ständig ganz andere Geräusche.”
“Höchstens an drei Tagen der Woche esse ich mal Bohnensuppe und das wird einem hier vorgehalten! Sorgt dafür, dass die ruhig sind. Ich Muss nachdenken.”
“Das sind ja völlig neue Sitten. Seit wann kannst du denken? Denk mal darüber nach, wann du deinen Deckel endlich bezahlst!”
“Hörbi, die sollen sich endlich benehmen.”
“Osman, das ist hier eine stinknormale Vorstadtkneipe und kein vornehmes englisches Mädchen-Pensionat!”
“Hörbi, du mußt diese zwei Bierchen auch aufschreiben”, sage ich. “Ich habe leider keinen einzigen Cent dabei. Ich konnte ja nicht ahnen, dass meine Frau mich einfach vor die Tür setzt.”
“Hör mal zu, du Schnorrer! Sieh zu, dass du endlich deine Schulden bezahlt kriegst. Sonst setze ich dich auch einfach vor die Tür!”
“Stell dich nicht so an, Hörbi! Ich Muss sowieso gleich zum Bankautomaten um Geld abzuholen, wegen der Blumen für meine Frau. Dann kriegst du dein Geld. Ich kann´s nicht mal haben, wenn ich normalen Menschen was schuldig bin, geschweige denn dir.”
“Osman, geh zum Friedhof!”
“Fahr zur Hölle, Hörbi!”
“Ich meine doch wegen der Blumen. Das ist billiger.”
Ich laufe direkt zum Bankautomaten drei Straßen weiter. Was fällt meiner Frau eigentlich ein, mich bei dieser Hundekälte auszusperren! Und als Belohnung Muss ich ihr auch noch als Drachenfutter Blumen kaufen. Ich weiß beim besten Willen nicht, womit sie das verdient hat. Ich hoffe, sie weiß es!
Endlich bin ich dran und stecke meine Karte in den Automatenschlitz ein. Dann tippe ich die Nummer ein. Bis jetzt dachte ich immer, das wäre meine Nummer. Aber der Besserwisser sagt:
“Das ist nicht Ihre Nummer! Zweimal dürfen Sie noch raten!”
Ich tippe meine Ersatznummer ein.
“Ich glaube, Sie wollen kein Geld?”, steht auf dem kleinen Monitor frech geschrieben.
“Rückt endlich mein Geld raus! Du blöde Blechkiste!” , beschimpfe ich den Bankautomaten und trete gegen sein Schienbein. Aber vorsichtshalber hole ich doch mein Potmone raus, um meine Geheimnummer zu kontrollieren. Oh, wie peinlich! Der Bankcomputer hatte doch recht. Schnell tippe ich meine richtige Nummer ein.
“Na also, warum denn nicht gleich so!”, meint der Apparat mit der schlechten Kinderstube.
Ich tue so, als hätte ich diese unverschämte Bemerkung nicht gesehen. Dann drücke ich noch ein paar kleine Tasten, um meine letzten 300 Euro abzuheben. Gleich danach springt meine Karte raus. Hoffentlich haben die Blumengeschäfte noch auf. Auf dem Gebiet kenne ich mich nicht so gut aus. Ich weiß nur, dass man so kitschiges Zeug verschenkt, wenn man frisch verliebt ist. Ich entdecke einen Blumenladen der noch offen hat, und stürme hinein.
“Ich brauche einen Strauß Blumen, dringend!”, sage ich wahrheitsgemäß.
“Welche Sorte hätten Sie denn gerne?”, fragt die Verkäuferin und zählt zwei Dutzend Sorten auf, von denen ich noch nie gehört habe. Meine trotteliger Gesichtsausdruck hält sie davon ab, noch zwei Dutzend weiterer Fremdwörter herunterzuleiern.
“Wofür sollen die Blumen denn sein? Zu welcher Gelegenheit?”, fragt sie interessiert.
“Meine Frau hat mich rausgeschmissen, und ich will wieder rein!”, kann ich beim besten Willen nicht sagen.
“Für meine liebe Frau”, sage ich, was zum Teil auch der Wahrheit entspricht.
“Aber was genau? Geburtstag? Hochzeitstag? Zur Versöhnung? Oder einfach so, ohne jeden Grund?”
“Aber wer ist denn so bekloppt und kauft seiner Frau Blumen einfach so ohne jeden Grund?!”
“Gut, dann frage ich jetzt mal anders. Wieviel Geld wollen Sie ausgeben?”
“Von wollen kann keine Rede sein.” Am besten kostenlos!
“Nun gut, wieviel ist Ihnen Ihre Frau denn wert?”
“Darüber habe ich noch nie so richtig nachgedacht. Eigentlich halte ich Blumen für rausgeschmissenes Geld.”
“Versuchen wir es nochmal anders. Sie Geizkragen, wieviel von Ihrem Geld sind Sie zu opfern bereit, um Ihre Frau zum ersten Mal in ihrem Leben eine Freude zu bereiten? Um sie für ihre Liebe, Treue und Tapferkeit zu belohnen?”
“Was, dafür soll ich sie auch noch belohnen? Eine Tracht, ich meine, ein Haufen verschiedener Blumen, das sollte doch wohl reichen. Woher wissen eigentlich die anderen Männer, welche Blumen sie kaufen müssen?!” Die Pantoffelhelden.
“Die kennen halt den Geschmack ihrer Frauen.”
“Ich weiß auch was meiner Frau schmeckt. Sie mag rote Paprika, mit Hackfleisch und Reis gefüllt und Kartoffelpüree isst sie auch für ihr Leben gern.”
“Das ist doch schon mal eine sehr hilfreiche Information”, knurrt die Blumentante und verdreht die Augen. Ich hole mein Potmone raus, um diesen peinlichen Ort so schnell wie möglich zu verlassen.
O Gott, es ist total leer!
Kein einziger Schein ist drin! Nachdem ich die Scheckarte wieder eingesteckt habe, Muss ich wohl losgelaufen sein, ohne auf das Geld zu warten. Ich renne blitzschnell aus dem Laden.
“Hey, was ist denn jetzt mit Ihren Blumen?”, ruft mir die Verkäuferin hinterher.
“Ich hole sie später, oder auch nicht!”, rufe ich zurück.
Wie kann ein Mensch allein so blöd sein? Erst kämpfe ich wie ein Löwe mit dem Geldautomaten, und dann lasse ich die 300 Euro liegen. Obwohl ich keinen Hoffnungsschimmer habe, hetze ich zu der Bank zurück.
Keine Menschenseele ist in der Nähe des Bankautomaten zu sehen. Aber leider auch kein einziger Geldschein! Nicht mal ein Fünf-Euro-Schein!
Vor Wut über mich selbst, haue ich mit dem Kopf gegen den Bildschirm.
Und lese empört seine Antwort:
“Selbst Schuld! Mein Junge!“


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